Stier gegen Eiche
Tag 6, 29.06.2008 - Stier gegen Eiche

Wie am Abend zuvor durch undemokratische Abstimmung beschlossen, klingelte unser Wecker um 8:00 Uhr. Die Sonne lacht und nur noch 12 h und 45 min bis zum Finale.
8:05 der Wecker klingelt nochmal ... 8:10 der Wecker klingelt schon wieder ... 8:30 Uhr der Wecker nervt ... 9:00 Uhr der Wecker höhrt nicht auf zu nerven ... 9:05 Uhr vorsicht da bewegt sich was ... 9:10 Uhr Heeeeeeektik!

In einer konzertierten Aktion wird unser Lager abgebaut. 9:30 Uhr nicht dass jetzt jemand denkt, wir wären schon fertig, nein erstmal hinsetzen und den Ausblick geniessen. Da wir unser Ziel aber nicht aus den Augen verloren haben, sitzen wir nicht lange und machen uns wieder an unser Lieblingspiel "Gepäckraum-TETRIS". Und tatsächlich, so gegen 10:30 Uhr sind wir bereit. Aber eine schwierige Prüfung steht uns noch bevor, der Besuch beim Hohepriester des Campingplatzes, dem Zelplatzschrad. Wie immer ist er und sein ihm zu Seite stehender Messdiener (nennen wir ihn mal "Joschi") bestens gelaunt. Joschi hat die ehrenvolle Aufgabe, unser Stromkabel wieder freizugeben, da es an einem verschlossenem Stromverteiler angeschlossen ist. Auf meine scherzhafte Frage "Na, bekommen wir jetzt unser Kabel wieder?" erwiedert Joschi in seiner unvergleichlichen Art und Weise "Was soll ich den mit dem Kabel?". An dieser Stelle drängte sich mir der Gedanke auf, dass Joschi und der Zeltplatzschrad entweder der gleichen Familie angehören oder aber einen ähnlich komplizierten Stammbaum (Ihr wisst schon "... Bergziege ... hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen") haben mussten. Zur Freude beider durften sie jetzt ihre wahren Fähigkeiten zeigen, nämlich den Gullideckel für unser Abwaser zu öffnen. Damit auf dem Zeltplatz auch keine lange Weile aufkommt, durften die im Umkreis beim Frühstück sitzenden Camper dabei zusehen. Na denn, Mahlzeit!
Endlich ist es soweit, 11:00 Uhr wir sind bereit für die anstehende Etappe nach Wien. Die Sonne lacht noch immer, nur heisser, und noch 9 h und 45 min bis zum Finale.

Über die Fahrt gibt es diesmal nicht so viel zu berichten. Erst mit leicht überhöhter Geschwindigkeit die letzten Serpentinen vor der Autobahn genommen, natürlich durch unseren "Kurvenspezialisten" (Nein, nicht Kai sondern "Michael Schumacher formerly known as Alexander Horst Szidat") und dann im Tiefflug über die Autobahn nach Wien. Bereits etliche Kilometer vor Wien entdecketen wir eine uns bis dahin unbekannte Spezies, die uns aber in den nächsten Stunden noch das ein oder andere Mal über den Weg laufen sollte - der Fussballfan.

So gegen 16:30 Uhr erreichten wir unser Ziel, Campingplatz Wien (in Citynähe). Der Empfang war herzlich "Sucht euch erstmal einen geeigneten Stellplatz und danach könnt ihr euch ja anmelden". Gesagt getan. Zumindest haben wir einen geeigneten Platz gefunden - vielleicht melden wir uns drei auch an.


Kurz zum Zeltplatz: Wir waren schon einiges gewohnt ... aber ... was uns in Wien geboten wurde, war an Gemütlichkeit kaum zu unterbieten. Wir vergeben 4 von 5 möglichen Kotztüten. Der Betreiber hatte sich wahrscheinlich vor dem EM gedacht: Aufgeräumt wird später ! Auch der Rasen ähnelte nur entfernt dem, was wir aus dem Werbefernsehen kannten. Stellt euch vor, ihr campt auf dem Mauerstreifen vor ´89 (ja ... natürlich .. Wachtürme gab es in Wien nicht). Naja ... wir sind schließlich keinen Memmen (außer es guckt keiner zu), also stellten wir uns der Herausforderung. Es sollte nicht die letzte sein.


Schnell das Lager wieder aufgebaut und schon stand wieder eine der berüchtigten demokratischen Abstimmungen an (och nö, nich schon wieder ... man kann´s auch übertreiben mit der Demokratie). Es ging um die einfache Frage: "Wie wollen wir uns der Fanzone annähern und sind wir überhaupt Fans ? "- aus der Zone kamen wir jedenfalls.

Zur Auswahl standen die öffentlichen Verkehrsmittel (kollektives Schwitzen mit hunderten anderen) oder die uns in den letzten Tagen liebgewordenen Stahlröser (auch Schwitzen, aber allein). Die Wahl fiel auf unsere Drahtesel. Schliesslich befanden wir uns ja in Citynähe.

Also auf zum Finale in der Zone. Innerhalb der nächsten 60 min wurde uns klar, dass Citynähe offensichtlich ein sehr dehnbarer Begriff war und bei 31 Grad unsere Freunde "Transpiri" und "Transpira" auch ihren Spass haben sollten. Das Duschen vorher hätte man sich getrost sparen können - mit unserem Körpergeruch konnten wir heute keiner guten Eindruck mehr machen; beeindruckend war er trotzdem.

Nach 8 Kilometern Radweg (der längsten Drahteseletappe bis heute, Teve Schur-Schnur, Schuhr wäre amüsiert) erreichten wir das Bekloppten-Ghetto - da waren wir nicht völlig fehl am Platze. Zuvor unsere Räder noch an der ehrwürdigen Nationalbibliothek angebunden und ab ins Gedrängel.

An den Sicherheitskintrollen herrschte Verwirrung. So war es verboten, Plastikflaschen einzuführen (ho, ho), Taschenmesser waren jedoch anscheinend erwünscht - so sind die Ösis halt. Einem Grenzer von der Nationalen Volksarmee wäre so ein Lapsus im Leben nicht durchgegangen (wahrescheinlich hatte er Angst vor Plastikflaschen.)

So: Wir waren am Ziel (jedenfalls redete A.M. uns das ein). Fußballzone in Wien. Yuppie. Was für eine Freude ! Nicht auszuhalten ! Oh wie ist das schön, oh wie ist das schön, so ´was ... ! Eine Million Leute schwitzen um die Wette. Ein Königreich für ein Deo ! Das mussten wir aber an der Sicherheitsschleuse abgeben - unser Geruch sollte sich der Masse anpassen. Kein Problem - wird erledigt.

Bis zum Abpfiff hatten wir noch fünf Stunden Zeit (... oh wie ist das schön ...). Durchhalten war die Devise ! Devisen hatten wir jedoch keine - Wechselstuben gab es auch in der Fuballzone nicht. Mist. Es half nichts: Wir mussten unsere vorletzten Piperlinge gegen ortsübliche Naturalien (Ketwurst) und kalorienreduziertes Bier eintauschen, um uns vor dem sicheren Verschwitzen zu bewahren.

Endlich, endlich, endlich hörten wir den Anpfiff. Kurze Zeit später auch den Abpfiff. Vorbei ! Vorbei ! Yuhu ! Urlaub ! Ab jetzt kein unsinniges übergeordnetes Ziel mehr ! Yuhu ! Keine überflüssigen Diskussionen mehr ! Geschafft !

Ab zu den Rössern. Wir brauchten echtes Entertainment (Bettina, pack´ deine Brüste ein). Gar nicht so einfach, denn es gibt in Wien -für einen Berliner völlig fremd- eine Sperrstunde. So ungefähr ab 21.30 Uhr darf man in Wien nur noch unter der Bettdecke in Zeichensprache lachen. Was wir dann auch nach einem Besuch beim letzten (offenem) Italiener taten.

(Ein Highlight hatten wir noch vergessen: Wir sahen unseren Bundestrainer Jogi höchst persönlich, live und in Farbe im Bus an uns vorbeifahren. Der wirkte ganz schön niedergeschlagen - Vielleicht war er ja beim selben Italiner).

Bis Morgen !

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rohrleger, Donnerstag, 3. Juli 2008, 11:39
Hallo Jungs,

ich bin soooo stolz auf Euch und Eure gewissenhafte Berichterstattung,- so nah als wär ich da....
Macht keine Dummheiten (so'n Quatsch...) und lasst Euch den einen oder anderen CL auf mich schmecken !!!
Glück auf von russian Plumberboy !!!

maxelaxel, Samstag, 5. Juli 2008, 21:29
Na danke für die Blumen, H.S. zwingt uns auch immer unter Androhung einer weiteren Schnapsrunde zum Weiterschreiben... ;)