Axelchens Mondfahrt
Tag 8, 01.07.2008 - Axelchens Mondfahrt

Der Tag begann ungewohnt. Normalerweise - man glaubt es kaum - wird morgens gemeinschaftlich geduscht (Seife aufheben ist dabei strengstens verboten). Heute jedoch nicht. Wir mussten sparen und zwar an Wasser. Also nur die letzten Zähnchen geputzt, das Gruppendeo herumgereicht und im Sprintstart ab nach Saragossa. Zumindest wurde dies dem nichtsahnenden A.S. vom Rest der Manschaft mitgeteilt. Tatsächlich hatten sich jedoch die übrigen fünf unserer Gesellschaft in der Nacht im Heck unseres Busses bei einer Butterstulle und Teelicht getroffen und konspirativ das Navi mit abweichenden Zielkoordinaten gefüttert. Es sollte nach Kroatien gehen. Auf eine "Partyinsel" ! Aha ! Oho ! Partyinsel (?) - ob sich da unsere älteren Reiseteilnehmer nicht etwas übernommen hatten ? Wir werden sehen.

Um den Schwindel nicht auffliegen zu lassen, war für den Rest der Strecke ein Fahrerwechsel untersagt. "Nein, A.S., Du brauchst nicht zu fahren, ich kann noch", war die zurechtgelegte Anwort, wenn A.S. sich ungefragt ans Steuer drängeln wollte. Außerdem wurde die gesamte Zeit nur noch Spanisch gesprochen und gesungen - zumindest versuchten wir, den Dialekt zu immitieren, was das eine oder andere Mal doch eher nach Sächsisch klang. Außerdem wurde A.S. mit schmutzigen Bildchen und noch schmutzigeren Texten (Zitatanfang: "Jetzt würde sich herausstellen, ob ich diesem Monster gewachsen war." Zitatende) aus noch sehr viel mehr schmutzigerenenenenen Blättchen abgelenkt. Die Illusion war perfekt.

Nicht annähernd so perfekt war die Streckenführung. Die Route sollte unterhaltsam sein. Also keine Autobahnen (die kosten nur Maut), sondern nur Landstraße mit Bäumchen, Blümchen und Hoppelhässchen. Wunderschön ! Wirklich, großes Pionierehrenwort. Zumindest die ersten 150 Kurven. Dann wurde es zunehmend langweiliger. Auch wurde unsere Durchschnittsgeschwindigkeit auf ca. 30 km/h gedrosselt. Es sollte eine sehr, sehr, sehr lange Fahrt werden. Aber eben mit Bäumchen, Blümchen und Hoppelhässchen. Später ist man fast immer schlauer.

Nach 4 Mio Kurven erreichten wir das Meer. Nach weiteren 2 Stunden Grace-Kelly-Gedächnis-Fahrt, wobei alle 5 Minuten der Dialog:" Ich will baden! Nein K.K., später" stattfand, trennte uns lediglich eine 1 cm breite Meerenge von unserem Ziel: Dem Schlaraffenland für Junggebliebene. So zumindest stand es in dem von H.S. in einem Antiquariat in Wien erworbenen und von Marco Polo noch höchst persönlich verfassten Reiseführer. Vor uns tat sich eine malerische Bucht auf, dahinter die Insel unserer Träume. So musste sich Neil Armstrong gefühlt haben. Was man sah, waren Steine.

Zwar in den unterschiedlichsten Schattierungen, aber trotzdem immer noch Steine. Nichts zu sehen von den
versprochenen grasenden kroatischen Grillplatten, kein dahin plätscherndes Havanclubflueschen welches sich unter einem Limettenbaum mit einem CocaColabach vereinigt. Nein, nur Steine. Wir wollen nach Saragossa!!

Das hatten wir nicht verdient. Wo ist die versteckte Kamera? Wo muessen wir hier Geld reinstecken damit das kroatische Jugendtouristenbüro endlich die Pappmascheekulisse austauscht. Nichts passsierte, ausser das der Fährmann ein klein wenig drängelte. Na gut, ganz nach dem Motto "Ein großer Schritt für Herrenreisegruppe, ein kleiner Schritt und 10.000 Kuna fuer Käpten Brass" begaben wir uns in die Hände der kroatischen Animationsmafia und überquerten den
Golf von Pag. Nach 5 Minten Flossfahrt und anschliessender Uberwindung der kroatischen Müggelberge passierte etwas Unglaubliches: Schon wieder Steine. Nein Stop ! Eine Lichterkette am Horizont zog die Aufmerksamkeit auf sich. Das
musste es sein: Tumbuktu auf dem Mond. Eine Oase der Glückseligkeit. Ein Tempel der Freude. Das 2:1 in der 91. Minute durch Mario Gomez.

Ein Hauch von grünem Moos erkämpfte sich mühsam Raum in dieser ach so unwirtlichen Wüste. Jeder Meter brachte uns der Verheissung, dem gelobten Lande genannt "Zrce" näher. Ja, dort wo sich Ströme aromatischer, alkoholischer Getränke über unsere durstigen Kehlen ergiessen würden während wir unsere ausgezehrten Körper durch Massen ekstatisch
zuckender junger Leiber zwängen muessten.

Eine paar Meter noch! Da, ein Schild "Plaza Zrce"! Noch wenige Meter! Ein Schranke verwehrte unserem Gefährt den Zutritt! Hinfort mit Dir, Du Anusgebuhrt der Zöllner und Krämerseelen - nehmt unseren schnöden Mamon! Wir sprangen unter Aufbietung unserer letzten Kräfte aus dem Wagen
JAAAAAAAAA! Das Meer! Musik! Jetzt, Endlich!

Der Strand war leer

Unserer aussergewöhnlichen charakterlichen Stärke ist es wohl zu verdanken, dass wir diesen Moment ungeheuerlicher Entäuschung heil an Leib und Seele überstanden!

Was blieb, was sollten wir nun tun!

Ganz Klar! Zelte aufschlagen am örtlichen Autocamp, sechsmal Mixed Meat incl. MisMas bestellen sowie die eigenen kargen Alkohohlvorräte vollständig vernichten um besinnungslos in einen eher unruhigen Schlaf zu sinken!

Gute Nacht Nimmerland!

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